Unwetter und Hochwasserkatastrophe am 25.Juli 1948

Unwetter am 25. Juli 1948

 Vorbemerkung: Dieses Unwetter habe ich („Witterung und Klima in der Steiermark“) deshalb als „säkular“ eingeschätzt, weil im Unwetterbericht in den Jahrbüchern der ZAMG von 40.000 Festmetern Schadholz die Rede ist gegenüber „nur“ 30.000 nach dem ungleich besser dokumentierten Unwetter von Breitenau/Allerheiligen vom August 1958, von dem 500 mm Niederschlagshöhe für das Zentrum rekonstruiert wurden.

Auszug aus dem Tagebuch meines Vaters:

„Die Tage danach regnete es mehr, besonders am Sonntag (25. 7.) vormittag, nachdem nachts wieder ein starkes Gewitter war. Von 5 – ½ 9h (Sommerzeit) donnerte es fast ununterbrochen und dann noch e. Zeit fort. Dazwischen war das Tosen des Gleinbaches zu vernehmen, der bereits über die Ufer trat, als der Regen nachließ..“ … „Nachmittag war es sonng und wir schauten uns die Verwüstungen an, die der Bach* dort angerichtet hat: die meisten Gärten u. a. mit Sand und Schotter bedeckt, Zäune, Wege u. bis Mitterbach hinein alle Brücken weggerissen.“

 *Anmerkung: Mit „der Bach“ Ist aber nicht der Gleinbach, sondern der Mitterbach gemeint, der in Gobernitz in die Mur mündet (vgl. Gegendnamen „Mitterbach“).

 

Der Schwerpunkt des Unwetters war aber eher im Einzugsbereich des Lobmingbaches gelegen, worüber die von Walter KOPACKA, dem provisorischen Leiter der Volksschule Großlobming verfasste Schulchronik umfassend informiert. Dazu folgender Auszug:

„Das größte Ereignis des Jahres war aber die

 Hochwasserkatastrophe am 25. Juli 1948.

 Nach länger andauernden Regenfällen ging in den frühen Morgenstunden am 25. Juli (Sonntag) im ganzen Bezirk Knittelfeld ein lang andauernder Wolkenbruch nieder, der alle Bäche und deren Zuflüsse zu ungeahnter Größe anschwellen ließ, die schwerste Schäden anrichteten. Besonders im östlichen Teile des Stub- und Gleinalmgebietes tobte das schwere Unwetter. Blitz und Donner hielten durch Stunden an. In den Gemeinden Klein-, Mitter- und Großlobming trat durch den hochwasserführenden Lombingbach eine Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes ein. Fast die gesamte Talsohle, alle Seitengräben bis in die hinersten Winkel sind verwüstet. Um etwa 8 Uhr früh wurde unser Ort von einer Sturzflut, die eine Höhe von über 2 Metern erreichte, überrascht. Das Hochwasser brachte fast das ganze entlang des Tales aufgestapelte Holz mit und verursachte bei den Brücken, Wehrbauten und Sägewerken gefährliche Stauungen. Nach dem Durchbruch derselben wurden tausende Festmeter Rundholz und Schnittware von der Flut mitgerissen. Mit großer Gewalt prallten sie an Wohn- und Wirtschaftsobjekte, Sägen, Mühlen und Scheunen, ließen sie einstürzen oder beschädigten sie mehr oder minder stark. Schwerste Ufereinbrüche bis zu 10 oder 15 Metern Höhe sowie zahlreiche Erdrutsche (etwa 150!) vernichteten viel wertvolles Ackerland. Hunderte Hektare von Äckern und Wiesen waren mit Schutt, Geröll und angestautem Holz vermurt. Die Bezirksstraße, sowie sämtliche Seitenwege in die Gräben waren teils vollkommen zerstört. Der Transformatorturm in Kleinlobming ist eingestürzt und weggeschwemmt worden. Die geschlossenen Ortschaften Groß- und Kleinobming wurden furchtbar getroffen. Die Häuser standen teils meterhoch unter Wasser. Die ebenerdigen Räume waren bis zu anderthalb Metern verschlammt, viele Lebens-mittel der Bauern und Kaufleute waren verdorben, Einrichtungsgegenstände unbrauchbar gemacht, Obstbäume wurden weggerissen, die Gärten mit Schlamm bedeckt und die Ernte im getroffenen Gebiet zur Gänze vernichtet. – Das greise Besitzerehepaar, der 79 jährige Anton Stocker und seine 71 jährige Gattin wurden in deren Stall vom Hochwasser überrascht uns mußten ertrinken. Eine Anzahl anderer Leute befanden sich in Lebensgefahr, konnten aber gerettet werden. Obdachlose bekamen bei den Nachbarn vorübergehend Unterkunft. Die Not war groß.

            Weitere Einzelheiten, besonders über den Einsatz unserer Feuerwehren sind aus den beiliegenden Zeitungsartikeln zu entnehmen.

            Als erste Hilfsmaßnahme an die hungernde Bevölkerung wurden die noch vorhandenen Lebensmittel der letzten Schülerausspeisung an die Bedürftigen verteilt. In den späten Nachmittagsstunden des Katastrophensonntags konnten endlich einige Wehren und Helfer des Bezirkes an das überflutete Gebiet heran-kommen. Das Wasser führte noch immer tote Schweine, Schafe, Ziegen, Hühner und Hasen mit sich.

            Die anwesenden Lehrkräfte (Herr und Frau Fuchs) hatten sich selbstlos in den Dienst der Nächstenhilfe gestellt. Der Schulleiter befand sich bei einem Lehrereinfüh-rungskurs für Bäuerliche Fortbildungsschulen zur Zeit der Katastrophe in St. Martin bei Graz, kam jedoch, nachdem er die Unglücksbotschaft erfuhr sogleich nach Hause, mußte aber schon am nächsten Tag nach St. Martin zurückfahren um den Kurs zu beenden, dann stellte er sich durch eine volle Woche hindurch in den Aufräumungsdienst.

            Der Schulgarten war vollkommen vernichtet, bis zu einem halben Meter hoch war er verschlammt. Die Obstbäume lagen entwurzelt im Sand begraben. Der Garten- und Schulhofzaun war zur Gänze weggerissen worden; der Schülerbrunnen war gänzlich verschlammt und unbrauchbar geworden. Auch der Keller stand unter Wasser. Freiwillige Hilkfskräfte entschlammten ihn und entleerten die vollen Senkgruben. Aus dem im Schulgrundstück angeschwemmten Holz konnten 30 km Holz für die kommende Heizperiode aufgescheitert werden, In der Schule, im Gasthaus Krobath, sowie im Gasthaus Pabst wurde für die freiwilligen Helfer ausgekocht.

            Nachdem der Bach nach Beseitigung der großen Holzbarikade unterhalb der Kirchbrücke wieder in sein altes Bett gezwungen worden war, Brücken und Notstege wieder errichtet waren, die Straßen und Wege wieder instandgesetzt waren, die meisten Keller entschlammt waren, wurden nach Wochen die Hilfskräfte abgezogen.

            Mehrere später eingesetzte Planierungsraupen schoben den Sand der vermurten landwirtschftlichen Flächen zu riesigen Sandhügelketten zusammen. Auch der Sand des Schulgartens ergab einen hohen Sandhügel im Schulhof.

            Weitere Einzelheiten über Hilfsmaßnahmen und über die eingesetzten Hilfskräfte sind aus den beigeschlossenen Zeitungsausschnitten zu entnehmen.“

 

                                                                       Großlobming im November 1948

                                                                                   Kopacka Walter

                                                                                   prov. Schulleiter

 

Ergänzung:

Meine Eltern haben mich am 25. Juli zu Mittag bewaffnet mit einem Regenschirm zur Gleinbachbrücke ( 47° 12´ 26,5´´ u. 14° 51´ 20´´) geschickt um „Hochwasser  zu schauen“. Ich fand es aber gar nicht so urgewaltig. Die Fundamente der genannten Betonbrücke wurden übrigens im Zuge des Hochwassers vom Mai 1938 (damals auch größtes Hochwasser an der Mur im 20. Jh.) unterspült, wodurch die Brücke gekippt ist. Dieselbe Gefahr bestand beim Hochwasser im April 1972, doch konnte das Kippen durch die rasche Deponierung von etlichen Bruchsteinen gebannt werden.

Am Nachmittag des 25. Juli 1948 war ich dann gemeinsam mit meinen Eltern bei strahlendem Sonnenschein in Gobernitz „Hochwasser gaffen“, da konnten wir an den Hängen des Gobernitzberges im Bereich um 47° 12´ 58´´ und 14° 51´ 18´´ einen schlammigen Gießbach den Hang herunterrauschen sehen. Dabei hat der Gobernitz-berg, der aus tertiärem Grobgeröll besteht, überhaupt keine perennierende ober-flächliche Entwässerung und sogar nach starken Regenfällen keine episodische. Gerade diese Beobachtung ist für mich ein entscheidendes Indiz für die „säkulare“ Wucht des Ereignisses vom 25. Juli 1948.

Als Folge dieses Hochwassers wurde übrigens der Lobmingbach im Ortsgebiet von Großlobming „hart“ reguliert, d.h. zwischen meterhohe senkrechte gemauerte Begleitwände gezwungen. Nach meinem Bauchgefühl würde dieser Bachquerschnitt aber für ein Ereignis wie 1948 auch nicht ausreichen. Auch der Mitterbach in Gobernitz wurde nach dem Hochwasser mit senkrechten Rundholzverkleidungen (ähnlich einer Krainerwand) verbaut, die aber schon längst vermorscht und verschwunden sind.

Verifizierter Kommentar der ZAMG

Leider gibt es für diese Zeit keine Wetterstationen mit Niederschlagsaufzeichung im Einzugsgebiet des Lobmingbaches im Bereich der Stubalpe. Weiter entfernte stationen wie Seckau, Preitenegg, Neumarkt Reichenfels oder Preblau zeigen aber, dass es schon einige Tage vor dem 25.Juli immer wieder zu gewittrigen Niederschlägen mit – je nach Station – bis zu 115mm Regen kam. Der nachfolgende Aufsatz ,mit dem Titel: „Historische Hochwässer in der Steiermark“, bei dem auch auf besagtes Hochwasser eingegengen wird, stammt von Frau Mag. Agnes Pretterhofer und wurde in: Wasserland Steiermark 2/2009 publiziert:

Der Lobmingbach ist ein rechtsufriger Murzubringer östlich von Knittelfeld aus dem Einzugsgebiet der Stubalpe. Am 25. Juli 1948 ereignete sich im Lobmingtal ein besonders schweres zerstörerisches Hochwasser. Ausgelöst wurde diese Hochwasserkatastrophe durch lange anhaltende ergiebige Unwetter, die im oberen Einzugsgebiet des Lobmingbaches einige Großlawinen auslösten. Die Lawinenabgänge und das vom Wasser mitgerissene Schwemmmaterial verursachten gewaltige Verklausungen mit Aufstauungen und darauf folgenden Durchbrüchen. Die Flutwellen aus diesen Durchbrüchen, mit Holz und Geröll versehen, erreichten eine Größenordnung von 10 bis 20 m Höhe. Alle diese Lawinen und Wassermassen von den Seitengräben
vereinigten sich im Haupttal, um dann alles zermalmend, sich in einer riesigen Flutwelle talabwärts nach Klein- und Großlobming zu ergießen. Es gab keinen befahrbaren Weg ins Dorf Kleinlobming, denn dieser war an mehreren Stellen weggerissen bzw. durch Geröll unpassierbar. Das meiste Hab und Gut war durch das Hochwasser verloren, entweder unter Geröll begraben oder schwamm die Mur hinunter. Die Mur soll nach der Einmündung des Lobmingbaches an diesem Tag voll Treibgut gewesen sein. Alle Brücken über den Lobmingbach (bis auf eine in Mitterlobming) wurden zerstört. Es entstanden schwerste Schäden an Gebäuden, Straßen, Äckern und Wiesen. Die Ernte wurde gänzlich vernichtet. Das plötzlich eintretende Hochwasser forderte zwei Menschenleben. Die Aufräumungsarbeiten dauerten monatelang an und erst nach Jahren waren die meisten Schäden behoben (PRUTTI, 2008).
In der Ortschaft Kleinlobming ist zum Gedenken an dieses gewaltige Naturereignis eine Hochwassermarke am Presslerstadl angebracht.